Geschichte unserer Gemeinde
Trockenborn und Wolfersdorf sind Gründungen aus dem 12.-13. Jahrhundert und waren als Amtsdörfer dem Amt Leuchtenburg (1221 erstmals erwähnt) unterstellt. Herrmann IV. von Lobdeburg war erster Besitzer der Leuchtenburg. Im Jahre 1333 ging der Besitz an die Grafen von Schwarzburg, wegen Geldmangel musste die Burg aber 1389 verpfändet werden und kam 1396 an die Wettiner.
In einem ca. 1583 nachgeschriebenem Register mit folgender Überschrift:„Was von Graf Hans von Schwarzburg beiden Markgrafenvon Meißen, Friedrich und Wilhelm, anno 1396 überwiesen wurde“ erscheint u.a. Trockenborn.
In der Verordnung des Landgrafen Wilhelm vom 18.2.1414 zur Aufhebung des Spoliums in der Pflege Leuchtenburg „.., nämlich der Pfarrer zu Seitenroda,Bodnitz, Wolfersdorf, Hummelshain, Jägersdorf…“ wurde vermutlich erstmals Wolfersdorf erwähnt.
Erste Schreibweisen sind als Druckenborn oder auch Druckenbrunn (= drückender Brunnen) und Wolffhardtsdorff bzw. Wolfframsdorff (nach dem Gründer) bekannt.
Das Amt Leuchtenburg bildete in unserer Gegend für etwa 120 Orte bis 1702 den Verwaltungs-,Finanz-, Gerichts- und militärischen Mittelpunkt.
Anordnungen des Amtsschössers wurden durch Boten überbracht, durch die Amtsschulzen in den Dörfern umgesetzt, Abgaben und Frondienste durch die meist bäuerliche Bevölkerung geleistet.
Im Jahre 1457 wurden von 29 Einheimischen aus Trockenborn mit Wolfersdorf Erbzinsen und Hafer (30 Scheffel) ins Amt entrichtet. Vor der Reformation waren hier die beiden letzten bekannten katholischen Pfarrer Albert Brunecker (†1487) und Johann Seyffarth tätig. Erste Kirchrechnungen existieren ab dem Jahr 1523, sie geben Auskunft über den zu entrichtenden Zehnten und damit über weitere Erwerbsquellen neben der Landwirtschaft.
Etwa 70 % der erwerbsfähigen Männer waren Bauern bzw. deren Knechte. Die eingessenen Bauern erscheinen in den alten Registern nur als „Nachbar und Inwohner“. Als weitere Berufe und Tätigkeiten werden im Zeitraum von etwa 1525 bis 1725 in unserem Dorf genannt:
- Amtsschulze
- Aschebrenner (Herstellung von Pottasche Kaliumkarbonat K2CO3, verwendet als Backtreibmittel, aber auch notwendig bei Seifen oder Glasherstellung)
- „Becker“, auch „Wetzschelbecker“ (Bäcker, Semmelbäcker)
- Bettenmeister im Schloss
- Bote, oder auch Läufer
- Böttcher
- Braumeister
- Forstknecht
- Geleitmann
- Hufschmied
- „Hutmann“ (Hirte)
- Köhler
- Landkärrner (Fuhrmann)
- Leineweber
- Maurer
- Mullenmacher (Herstellung von Backmulden aus Holz)
- Müller
- Musketier (außerorts)
- Pechmann (Pechmacher)
- Pfarrer
- Oberförster
- Schankwirt im „Keller“ ab 1709
- Scheithauer
- Schindelmacher
- Schneidemüller
- Schneider
- Schreiber
- Schulmeister
- Tischer (Tischler)
- Töpfer
- Wildmeister
- Zeidler (Bienenzüchter, Imker)
- Zimmermann
Häufig mussten je nach Jahreszeit verschiedene Berufe ausgeübt werden, um das Einkommen der Familie zu sichern. Daneben waren noch umfangreiche Frondienste, insbesondere anlässlich der Jagd abzuleisten.
Für junge Frauen gab es je nach Willen und Geldbeutel deren Väter nur zwei Möglichkeiten:
1. Heirat, dann Hausfrau, Mutter und Wirtschaftsgehilfin, evtl. auch Zuverdienst durch Flachsspinnerei, Weberei o.ä.. Weiterhin arbeitete eine verheirate Frau als Wehmutter (Hebamme) im Dorf.
2. Arbeit als Magd oder Köchin
Das Geschehen im Ort wurde im wesentlichen von Amtsschulze und Pfarrer bestimmt, mit Einschränkungen ebenso vom Schulmeister. Dagegen in der Hierarchie ganz unten standen neben Mägden, Knechten, Hirten, besonders unverheiratete Mütter. Was diese an Schimpf und Spott in der Gemeinde zu ertragen hatten, lässt sich heute kaum noch vorstellen. Geprägt war das tägliche Leben wesentlich stärker von Tageslicht, Wetter und Jahreszeiten. Genau war der günstigste Zeitpunkt von Saat und Ernte zu bestimmen, große Abhängigkeit bestand bei Niederschlägen und Sonnenscheindauer. Bei Missernten war Hunger an der Tagesordnung. In solchen Jahren hatten auch die Handwerker und deren Familien zu leiden, da bei steigenden Getreidepreisen Aufträge der Bauern ausfielen.
Gesundheitliche Vorsorge war nahezu unbekannt. Die Kindersterblichkeit lag zwischen 30 – 50 % der Neugeborenen, die Taufe erfolgte zwei Tage nach der Geburt.
Nach dem Unterricht dürfte trotzdem eine sehr große Kinderschar unterwegs gewesen sein. Bei Fehlverhalten der Kinder erfolgte deren körperliche Bestrafung, teilweise nicht nur durch die eigenen Eltern. Das Dorfbild bestimmten Fachwerkhäuser, Kirche und kaum befestigte Wege. Die Geruchsbelästigung durch die Viehhaltung empfand die Dorfbevölkerung damals sicher als vollkommen normal. Anders als heute bestand die Notwendigkeit, eine große Anzahl von Pferden und Eseln zum Reiten und als Zugtier für Karren zur Verfügung zu haben.
Alles Notwendige wurde auf den Märkten von Neustadt/Orla oder Kahla ver- oder gekauft. Die Kleidung war entsprechend des Standes unterschiedlich, aber im Grunde schlicht, einfach und praktisch. Der Zusammenhalt im Dorf gestaltete sich völlig anders, da alle Familien mehr oder weniger miteinander verwandt und verschwägert waren. Hochzeiten arrangierten die Väter von Braut und Bräutigam, vorzugsweise innerhalb des gleichen Standes, ebenso die erforderliche Mitgift. Während bei Tod der Ehefrau der Witwer im Alter bis ca. 60 Jahre nach etwa einem Jahr neu heiratete, war die erneute Eheschließung als Witwe seltener. Regelmäßig wurden die häufigen Gottesdienste besucht.
Die waldreiche Umgebung unserer Ortschaft als sogenannte Elisabethenheide diente den Wettiner Landesherrschern als lebhaft genutztes Jagdgebiet. Wohl deshalb ließ Wilhelm III. der Tapfere, Herzog von Sachsen nach der Altenburger Teilung 1445 einen Jagdsitz in Trockenborn errichten. Dieser war nach Größe und Ausstattung nicht mit dem Wolfersdorfer Schloss vergleichbar, eignete sich aber wesentlich besser für Küche und Nachtlager der Herrscher und ihrer Gäste, als Gasthäuser in der Umgebung. Dieser Jagdsitz befand sich zwischen dem sogenannten Spaniergraben, der Hauptstraße und dem Hofteich. Der Talgrund war zu diesem Zeitpunkt noch unbebaut, so dass die Umgebung nach Osten und Westen gut eingesehen werden konnte.
Die Reformation begann mit den von Luther am 31. Oktober 1517 an das Wittenberger Kirchentor angeschlagenen 95 Thesen, die sich gegen kirchliche Missstände, insbesondere gegen den Ablasshandel, richteten. Schnell fanden in den Besitzungen der Ernestiner Luthers Gedanken Zuspruch und Widerhall. Luthers Aufenthalte z.B. in Kahla oder Neustadt/Orla in den Jahren 1524/25 trugen in unserer Gegend sehr zur Popularisierung der Reformation bei. Da das Amt Leuchtenburg bereits 1522 Unruhen in Trockenborn- Wolfersdorf befürchtete, ordnete der Amtsschösser die Bewachung des Ortes an. Trotzdem müssen sich wohl Müntzers Lehren recht schnell verbreitet haben, kamen doch aus dem Amt 3000 Männer, davon 33 aus unserem Dorf zum Bauernheer. Dieses Heer wurde am 25.05.1525 vernichtend bei Frankenhausen geschlagen. Vier Wochen später, am 23. und 24. Juni 1525 hielt Kurfürst Johann auf dem Kahlaer Marktplatz Gericht. Viele Aufständische, in der Mehrzahl Bauern, wurden abgeurteiltund meist hingerichtet, für Flüchtige wurden Vater, Bruder oder Sohn stellvertretend bestraft.
Nach 1525 erfolgte der staatlich organisierte Um- bzw. Neuaufbau des Kirchenwesens in Thüringen. Als das älteste Gebäude im Ortsteil Trockenborn gilt die „Burg“ (ehemaliges Pfarrhaus), das vermutlich 1533 erbaut worden ist.
Von etwa 1529 an existierte in Trockenborn eine Schule. Erster bekannter Schulmeister war Wolfgang Lemrich, der seinen Dienst von „Lichtmess“ 1578 bis zu seinem Tode am 05.01.1618 (also fast 40 Jahre) versah. Vorwiegend protestantische Fürsten und Städte schlossen sich 1531 zum Schmalkaldischen Bund zusammen, um sich zur Verteidigung des evangelischen Glaubens und gegen den katholischen Kaiser Karl V. zu verbinden. Kaiser Karl eröffnete 1546 den Schmalkaldischen Krieg mit der Verhängung der Reichsacht gegen Johann Friedrich von Sachsen. Den protestantischen Herzog Moritz von Sachsen zog er durch das Versprechen der sächsischen Kurwürde auf seine Seite. Beim Durchzug kaiserlicher Soldaten unter der Führung Herzog Albas wurde im Jahre 1547 der Trockenborner Jagdsitz in Schutt und Asche gelegt. Über die Gründe für diese Zerstörung gibt es zwei überlieferte „Versionen“:
1. Trockenborner Bauern wehrten sich gegen die Plünderungen der Soldaten und töteten dabei einen spanischen Trompeter
2. Innerhalb der kaiserlichen Truppe brach zwischen den verschiedenen Nationalitäten Streit um die besten Übernachtungsplätze aus. Die deutschen Landsknechte sollten außerhalb des Dorfes (in Richtung Seitenbrück vermutlich auf dem noch heute sogenannten „Soldatenschlag“) biwakieren. Unzufrieden damit drangen sie wohl nach Trockenborn ein und kamen mit den „Welschen“ in Streit, mit der Folge eines toten Spaniers im „Trompetergraben“. Als Vergeltung wurde von Herzog Alba das Niederbrennen des gesamten Ortes angeordnet. Nach Einspruch des anwesenden Herzogs von Württemberg „begnügte“ man sich mit der Zerstörung des Jagdsitzes.
In der Schlacht auf der Lochauer Heide bei Mühlberg unterlag am 24.04.1547 Johann Friedrich von Sachsen dem Kaiser, wurde zum Tode verurteilt, später begnadigt und für Jahre in Gefangenschaft geschickt. Der Schmalkaldische Bund war damit aufgelöst. Doch schon während seiner Gefangenschaft ordnete der Landesvater den Neubau eines Jagdschlosses in Wolfersdorf an.
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Die Texte sind auszugsweise aus der bisher durch Torsten Müller (Gemeindemitglied) erstellten Dorfchronik und Ergebnis seiner jahrelangen Recherche in verschiedenen Archiven. Vielen Dank für die so erhalten gebliebenen Informationen zur Vorgeschichte der Gemeinde Trockenborn-Wolfersdorf